So machen Sie Ihre ECommerce-Erträge unabhängiger von Amazon
01.07.2021 - Amazon macht mehr und mehr Druck auf E-Retailer - das ist für Sie nichts Neues. Doch der Trend ist kaum mehr aufzuhalten, dass Amazon sich auch weiter in unserem Alltagsleben verfestigt. Wie können Sie sich als ShopbetreiberIn dagegen behaupten?
von Susanne Broll
Bald werden wir auch Lebensmittel bei Amazon
bestellen können bzw. Alexa macht das automatisch für uns. Der Service wird immer weiter ausgebaut, und die Konsumierenden gewöhnen sich daran, Produkte direkt bei Amazon zu suchen und zu bestellen. Sie als OnlinehändlerIn kommen gar nicht erst in die Lage, VerbraucherInnen von sich zu überzeugen - außer Sie verkaufen auch bei Amazon. Wie Sie dem Druck der Großen trotzen und Ihren Umsatz drastisch steigern können.
Die Fehler vieler E-Retailer
Vielleicht haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt "Warum sollten die Interessenten in meinem Onlineshop kaufen?". Wenn Sie antworten können, dass Sie den absolut günstigsten Preis haben und Ihr Shop viele BesucherInnen hat, dann lesen Sie diesen Artikel aus Vergnügen und können über die Probleme anderer schmunzeln. Doch wenn Sie höchstens den gleichen Preis wie auf Amazon anbieten, dann müssen Sie den Surfern wirklich gute Argumente liefern, bei Ihnen zu bestellen.Kaufinteressenten tendieren immer zu bekannten Marken. Marken geben ihnen die Sicherheit, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu kaufen und mit dem Kauf keinen Fehler zu begehen. Sie wollen Fehler und Stress vermeiden. Amazon ist eine Marke, und auch wenn Ihr Onlineshop sich bereits selbst zu einer Marke etabliert hat, dann hat er höchstwahrscheinlich nicht den Bekanntheitsgrad von Amazon. Deshalb haben Sie zunächst einen großen Nachteil. Doch diesen können Sie in einen Vorteil umwandeln.
Vom Underdog zur Cash Cow
Kennen Sie den Film "Moneyball - Die Kunst zu gewinnen" mit Brad Pitt? Als Manager der Profi-Baseball-Mannschaft Oakland Athletics hat Billy - gespielt von Brad Pitt - nach einer durchwachsenen Saison seine besten Spieler an gegnerische Teams verloren, die wesentlich mehr Budget vorhalten konnten. Er steckt in einer Sackgasse: Wenn er nichts unternimmt, steigt sein Team in der nächsten Saison ab. Da kommt ihm die Idee, einen Computernerd einzustellen und auf Basis von Spielerstatistiken neue Spieler zu kaufen, die bei anderen Teams ausrangiert wurden. Niemand glaubt an ihn. Er ist der Underdog mit einer ungewöhnlichen Idee. Was meinen Sie: Wer hat in der nächsten Saison den Titel geholt? Genau, Billy mit seinem Team. Übrigens basiert diese Geschichte auf einer wahren Gegebenheit.Was will ich Ihnen damit verdeutlichen? Sie sind der Underdog. Sie kämpfen gegen Konkurrenten, die über ein wesentlich größeres Budget verfügen. So setzte Amazon allein im vierten Quartal 2020 weltweit rund 7,4 Milliarden US-Dollar für Marketing ein. Doch Sie haben einen großen Trumpf im Ärmel: Sie sind Experte in Ihrem Fachgebiet und können wesentlich besser auf die Kundschaft eingehen als solch ein Riese. Doch leider gibt es bisher noch zu wenige Onlineshops, die sich genau das zum Vorteil machen und gleichzeitig einen guten Service bieten.
Fünf Tipps für einen erfolgreichen Onlineshop
1. Verwenden Sie keine Stockphotos (lizenzfreie Bilder)
Vermutlich kennen Sie Portale wie Fotolia & Co., auf denen Sie preiswert Bilder einkaufen können. Solch ein Bild ist schnell gekauft und eingebaut. Doch das Problem daran ist: Es zeigt nicht Sie - stattdessen täuschen Sie Ihre Interessenten und KundInnen. Persönlichkeit und Kundennähe ist Ihr Vorteil gegenüber Amazon, doch mit Stockphotos machen Sie genau das Gegenteil.Lassen Sie stattdessen sich und Ihre MitarbeiterInnen fotografieren. Ein gutes Beispiel dafür, wie es richtig geht, ist der Shop von Wildling.shoes. Der Händler zeigt dort nicht nur seine Produkte in Aktion, sondern gibt außerdem viel von sich und seiner Philosophie preis. Das macht den Shop authentisch und erzeugt Vertrauen.
Beispielshop: Wildling Shoes
2. Bieten Sie einen besseren Service
Welchen Mehrwert können Sie Ihren ShopbesucherInnen liefern, den diese bei Amazon und anderen Shops nicht erhalten? Damit meine ich nicht, dass Interessenten Sie anrufen können. Denn das ist Standard und wird als selbstverständlich erachtet.Gehen Sie einen Schritt weiter und bieten Sie einen individuellen Service. Der Onlineshop von Peddy Shield macht es vor: Durch diverse Konfiguratoren können BesucherInnen ihr individuelles Sonnensegel oder einen Balkonsichtschutz zusammenstellen.
Beispielshop: Peddy Shield
3. Sorgen Sie für Vertrauen durch ein direkt sichtbares Bewertungssiegel
Wenn BesucherInnen Ihre Website besuchen, entscheiden sie innerhalb weniger Sekunden, ob sie dort bleiben oder nicht. Viele Interessenten kennen Ihren Shop nicht und überlegen, ob sie Ihnen überhaupt trauen können. In der heutigen Zeit ist es unerlässlich, vertrauenswürdig zu sein, denn BesucherInnen sind unbekannten Shops gegenüber vorsichtig, wenn nicht gar misstrauisch. Oft haben sie von BetrügerInnen gehört, von nicht gelieferter oder mangelhafter Ware oder von einem schlechten Service bei einer Reklamation.Deshalb sind vertrauenserweckende Elemente für Shops sehr wichtig. Vielleicht ist Ihnen dieser Punkt nicht neu, doch haben Sie beispielsweise Ihr Trusted-Shops-Siegel prominent im Sichtfeld platziert - so, dass potenzielle KundInnen nicht erst scrollen müssen? Ein üblicher Platz dafür ist oben im Kopfbereich oder rechts unten im Blickfeld - das Siegel läuft dann beim Scrollen mit. Weitere Siegel von Verbänden, Zahlungsanbietern oder Auszeichnungen können Sie im Fußbereich platzieren.
Beispielshop: Nähszene
4. Erzählen Sie Ihre Gründungsgeschichte
"Jetzt mal langsam - wen soll das denn bitte interessieren? Unsere Gründungsgeschichte ist doch nichts Besonderes." Das höre ich von meinen KundInnen immer wieder. Ich antworte dann: "Doch, das ist sie. Jede Gründungsgeschichte ist etwas Besonderes." Und wenn man sie zu erzählen versteht, wird sie auch gelesen. Storytelling ist aber eines nicht: eine langweilige Aufzählung der Firmenhistorie. Sie wissen schon: Gegründet - 1899; Fusion mit Firma XY im Jahr 1956; Erweiterung der Geschäftstätigkeit zur Jahrtausendwende. Das interessiert wirklich niemanden.Trotzdem würden wir gerne eine kleine Geschichte über das Unternehmen erfahren, die wir im persönlichen Gespräch erzählen können. Gerade mit einer gut erzählten Geschichte unterscheiden Sie sich klar von Ihren Wettbewerbern. Schreiben Sie Ihre eigene Geschichte oder, wenn Sie sich das nicht zutrauen, lassen Sie sie schreiben.
An diesen fünf Bausteinen können Sie sich orientieren:
- Warum gibt es Ihr Unternehmen? Was sind Ihre Motive? (Erzählen Sie die Geschichte aus Kundensicht, nicht aus Ihrer.)
- Wer ist der Held? (Nicht Sie, sondern Ihre Kundschaft.)
- Was war das Problem, das es zu lösen galt?
- Beschreiben Sie die Situation emotional, weniger mit Fakten und Daten.
- Verfassen Sie die Geschichte so, dass man sie mündlich weitererzählen kann.
5. Führen Sie einen Blog, um sich als Expertin oder Experte zu positionieren
Es reicht oft nicht aus zu behaupten, dass Sie der Experte oder die Expertin in Ihrem Themengebiet sind, Sie müssen es auch demonstrieren. Erst dann wird es glaubwürdig. Daher empfehle ich Ihnen, Inhalte zu schaffen, die Sie beispielsweise auf einem Blog publizieren.Ein Blog war ursprünglich ein Onlinetagebuch, doch mittlerweile wird es mehr als Content-Plattform gebraucht. Sie müssen nicht zwingend täglich neue Blogartikel schreiben, wichtig ist nur, dass Sie es regelmäßig machen. Der Vorteil von solch einem Blog ist außerdem, dass Sie für die Inhalte auch in Google gefunden werden können. Die Surfer gelangen auf Ihren Blog, erkennen Ihr Fachwissen und stöbern weiter.
Doch achten Sie darauf, dass Ihr Blog keine direkte Verkaufsplattform ist. Geben Sie den LeserInnen einen Mehrwert, bieten Sie Ratgeber an. Wird es zu werblich, vergraulen Sie die Interessenten.
Beispielshop: Otto
Quelle: Bastian Sens arbeitet als Autor für Trusted Shops .
Erwähnte Unternehmen
amazon.de fotolia.com moleskine.com naehszene.de otto.de peddy-shield.de trustedshops.de wildling.shoes