Nachrichten aus dem Versandhandel

Omnichannel-Hype: Quo vadis, Click & Collect?

von Redaktion Versandhausberater

05.12.2014 - Multichannel, Crosschannel, Omnichannel: Die Berichte überschlagen sich mit Channel- Superlativen, dass einem schwindlig wird. Doch was steckt eigentlich dahinter? Und was hat der Kunde davon? Wolfgang Vogl, Director Business Development beim Softwareexperten Speed4Trade, beleuchtet den aktuellen Trend.
Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, kommt man um eine kurze Definition der Begriffe nicht herum. Mehr-Kanal- Handel, sprich Multichannel gab es eigentlich schon immer. Vor allem der Verkaufskanal Internet wurde dabei in der Vergangenheit oft als eigene Geschäftseinheit geführt. Ein Silodenken der Abteilungen war die Folge. Der Kunde konnte seinen online gestarteten Kaufwunsch nicht offline im stationären Ladengeschäft fortsetzen und umgekehrt.
Integration: Fehlanzeige. Eine Omnichannel-Strategie ist die konsequente Weiterentwicklung. Der von Forrester Research geprägte Begriff legt nun den Schwerpunkt auf die Customer Experience aus der Sicht des Kunden. Alle Kanäle sollen omni-präsent und einheitlich sein: Onlineshop, Mobile, Kiosk- Systeme, Filiale und natürlich alle Social-Media-Kanäle. Der Kunde entscheidet, wo er kauft, wie er kauft und wann er kauft. Das Ziel ist es, dem Kunden auf seiner Customer Journey beim Shopping ein perfektes Einkaufserlebnis zu gestalten - und ihn möglichst nicht an die Konkurrenz zu verlieren. Er soll auf allen Kanälen nur beste Erfahrungen machen, denn "Experience" heißt eben nicht nur Erlebnis, sondern auch Erfahrung. Und gute Erfahrungen führen zu Vertrauen, aber dazu später mehr.

Was der Kunde möchte

Die zentrale Frage ist doch nun: Was möchte der Kunde wirklich beim kanalübergreifenden Einkauf? Hilft ein Blick in aktuelle Studien weiter? Bei den Branchenexp e r - ten laufen diese meist unter den Begriffen Click & Collect oder eben Omnichannel. Im Kern geht es immer um die Verschmelzung von Online- und Offline- Handel. Und dabei primär um die Gefahren, aber auch um die Chancen für den stationären Einzelhandel.

Verfügbarkeit von Waren abzufragen steht hoch im Kurs

Laut der ECC-Studie "Digitalisierung des Point of Sales" sind Konsumenten vor allem an grundlegenden Services zur Verknüpfung der Kanäle interessiert: "Es ist super, online zu gucken, ob Sachen im Laden vorrätig sind. Ist ja Quatsch, da hin zu fahren und dann ist es nicht da," lautet eine treffende Aussage. Zum gleichen Ergebnis kommt eine Forrester-Research- Umfrage vom März 2014, bei der 71 Prozent der Befragten erwarten, dass sie online oder mobil die Verfügbarkeit von Produkten in der Filiale abfragen können.
Beim vielzitierten Click & Collect sieht die Nutzung laut einer eBay-Studie zur Zukunft des Handels schon verhaltener aus: Nur 27 Prozent aller Befragten hat schon mindestens einmal ein Produkt online bestellt und anschließend im Ladengeschäft abgeholt. Umgekehrt finden aber 60 Prozent die Möglichkeit interessant, ein im Ladengeschäft nicht mehr verfügbares Produkt dort trotzdem online - zum Beispiel via Tablet oder Kiosksystem - zu bestellen und nach Hause geliefert zu bekommen.

Der Kunde braucht beständig gute Erfahrungen

Dabei ist der Konsument von den Online- Pureplayern von A wie Amazon bis Z wie Zalando verwöhnt. Eine Lieferung innerhalb 48 Stunden ist Pflicht, zumindest die genaue Angabe einer Liefer- oder Abholzeit. Kann der Kunde sogar eine Wunsch-Abholzeit angeben, verbindet er das Click & Collect vielleicht mit einer ausgedehnten Shopping-Tour. 53 Prozent haben laut eBay-Studie schon mal bei der Abholung weitere Produkte im Ladengeschäft gekauft. Der Kunde muss durchgängig das Gefühl haben, eine echte Vereinfachung zu erleben. Es darf zu keinen Brüchen oder Überraschungen beim Wechseln der Verkaufskanäle kommen. Wir erinnern uns: Nur beständig gute Erfahrungen führen zu Vertrauen. Und Vertrauen ist die Währung für Loyalität beim Kauf.

Die Realität sieht oft noch anders aus

Im März 2014 machte sich ein Redakteur der Zeitschrift Internet World Business "auf die Suche nach dem Service" bei zwölf namhaften Händlern. Sein Fazit fiel ernüchternd aus: "Click & Collect ist oft nicht mehr als eine Aneinanderreihung absurd anmutender Prozesse". Irgendwie hat man den Eindruck der Click-&-Collect-Kunde ist ein Fremdkörper im Ladengeschäft. Von einem Einkaufserlebnis mit positiven Erfahrungen weit entfernt. Und es kommt noch schlimmer. Der Kunde ist durch sein Smartphone auch meist noch besser über Produkte und Leistungen informiert als das Ladenpersonal. Damit geht zusätzlich der Eindruck einer Beratungskompetenz verloren.

Dank Smartphones verschmelzen die Kanäle

Für das Jahr 2014 sagt der Branchenverband Bitkom 30 Millionen verkaufte Smartphones voraus. Das sind 97 Prozent aller verkauften Mobiltelefone. Hinzu kommen nochmals rund zehn Millionen Tablets. Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass die mobilen Endgeräte, welcher Ausprägung auch immer, das zentrale Bindeglied für alle Verkaufskanäle werden. Unbegrenzte Auswahl, Produkte recherchieren, Preise vergleichen, lokale Suche, Verfügbarkeit prüfen, kaufen, bezahlen und - wenn alles super gelaufen ist - weiterempfehlen. Das ist der Kern der zukünftigen Customer Journey.

Kunden informieren sich online über das Produkt

Ist das noch Zukunft oder hat es schon Relevanz? Spreadshirt meldet 25, Otto 30, Zalando 35 und myToys sogar bis zu 40 Prozent der Besuche über mobile Endgeräte. Tendenz steigend. 50 Prozent aller Einkäufe werden bereits heute mobil vorbereitet. Das heißt, der Kunde hat sich online bereits eingehend über das Produkt informiert. Und die Multichannel-Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC besagt, dass schon jetzt etwa jeder vierte Konsument ein Mobilgerät mindestens einmal im Monat für den Online- Einkauf nutzt. Auf eBay wird in Deutschland jede Sekunde ein Artikel mobil gekauft.

Händler müssen vom Kunden her neu denken

Klare Forderung an die Omni-Channel- Händler: Denkt eure Prozesse vom Kunden her neu. Digitale Services müssen für den Konsumenten einen echten Mehrwert schaffen - online wie offline. Die simple Wahrheit ist doch, dass Kunden nicht in Kanälen denken. Sie denken in Möglichkeiten, mit dem Händler oder der Marke in Kontakt zu treten. Egal ob er online, mobil oder stationär einkauft: Der Kunde möchte die Kanäle nutzen und wechseln, wie es seine persönliche Lebenssituation gerade erfordert. Wenn ein Händler einen neuen Verkaufskanal anbietet, muss er ihn in sein Gesamtkonzept integrieren. Es darf keinen Bruch in der Wahrnehmung geben.

Jetzt aktiv werden

Das bekannte Bonmot "Handel ist Wandel" gilt es aufzugreifen. Denn die schlechteste Entscheidung ist, nichts zu tun. Spätestens jetzt heißt es für Händler, aktiv zu werden, Projekte zu starten und Erfahrungen zu sammeln. Wie zum Beispiel das Kaufhaus Tyrol, das sich selbst als "bestes Einkaufszentrum Europas" bezeichnet. Es wurde seiner Vorreiterrolle einmal mehr gerecht. Mit smobsh - "smart mobile shopping" verwandelte das Kaufhaus in der Vorweihnachtszeit sein Ambiente in eine innovative Smartphone-Shopping-Mall.

Innovationspreis des BEVH

Möglich machten dies modernste Technik und innovative Softwareapplikationen. Die smarte E-Commerce Plattform emMida integrierte den mobilfähigen Onlineshop des Kaufhaus Tyrol in ein Gesamt-Shopping-Event, ein ganz besonderes Einkaufserlebnis für die Besucher.
Dies war dem renommierten Branchenverband BEVH den Innovationspreis 2014 der Preferred Business Partner für Speed4Trade und die Lösung smobsh wert. Neue, innovative Omnichannel- Konzepte haben das Potenzial, die Kundenbindung durch mehr Emotionalität zu verstärken. Der Point of Sale (POS) wird dann zum Point of Confidence, zum Ort des Vertrauens. Da ist es wieder: jenes Vertrauen, das so unheimlich wichtig ist.