Wie ERP-Systeme Internationalisierung ermöglichen: Beispiel dress-for-less
von Redaktion Versandhausberater
23.05.2008 - Wer als Versand- oder Multi-Channel-Händler nicht nur innerhalb Deutschlands sondern auch in ausländischen Märkten seine Produkte - gegebenenfalls auch über verschiedene Marken - erfolgreich vertreiben will, braucht eine Software Plattform, die für den internationalen Einsatz ausgelegt ist. Ein gutes Beispiel für ein international erfolgreich agierendes Unternehmen ist die Firma dress-for-less.
dress-for-less wurde 1999 als eCommerce-Startup gegründet und bereits 2002 für das innovative Konzept mit dem "Young Business Award" des deutschen Versandhandelsverbands ausgezeichnet. dress-for-less ist ein Online-Designeroutlet für modische, preisgünstige Designer- und Markenware und ein pure internet player. Heute beschäftigt das Unternehmen mit Sitz in Flörsheim am Main ca. 70 Mitarbeiter.
dress-for-less ist z.Zt. in mehr als 40 Ländern mit einem Shop präsent. Neben den eigentlichen dress-for-less Shops werden über die zentrale IT Plattform für das Unternehmen auch die Shops von haburi.com, HellyHansen-Shop.com, BenSherman-Shop.de und der Napo-Shop.com abgebildet.Der Versand erfolgt für alle Unternehmensbereiche und in alle Länder zentral von Flörsheim am Main aus. Sämtliche Geschäftsprozesse werden über eine zentrale, mandantenfähige IT Plattform abgebildet. Um dieses vielschichtige und internationale Versandgeschäft abbilden zu können sind IT-seitig verschiedene Anforderungen zu erfüllen:
Variable Adressformate
In vielen Ländern unterscheiden sich Adressformate und Layouts stark von den bei uns in Deutschland bekannten. So muss z.B. in England eine alphanumerische 7-stellige Postleitzahl, in Frankreich das Adressformat immer in Großbuchstaben, in Österreich Stiege/Stock/ Tür usw. abgebildet werden. Zusätzlich zu diesen Formaten sollten die jeweiligen landesspezifischen Strassen- und Ortsverzeichnisse im System integriert werden, um korrekte postalische Adressen sicherzustellen. Weiterhin gibt es in den einzelnen Ländern unterschiedliche versandtechnische Anforderungen, wie z.B. Leitcodeermittlung, die u. U. bei korrekter Weitergabe an den jeweiligen Versender zu besseren Konditionen führen.
Ein System, viele Sprachen
Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Verkauf ist die Präsentation des Sortiments in der jeweiligen Landessprache. Bei dress-for-less sind es bislang deutsch, englisch, französisch, holländisch, dänisch und spanisch.
Dabei geht es aber nicht nur um die Sprachen, die im Webshop auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt, abgebildet werden. Eine international ausgerichtete Software sollte die Möglichkeiten bieten, jedem Benutzer seine individuelle Anwendersprache zu hinterlegen. Bei der Anmeldung an dasselbe IT-System wird so die Anwendung in der jeweiligen Sprache des Benutzers dargestellt. Für die Kundenbindung ist entscheidend, dass am Kunden die individuelle Sprache hinterlegt wird, damit sämtliche schriftliche Kommunikation wie z.B. Standard E-Mails für Versandinformationen, Newsletter und auch die Liefer- und Rechnungspapiere in der jeweiligen Kundensprache erstellt werden können.
Das sind einmalige Kosten. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch der permanente Aufwand für einen international agierenden Versender, neue Artikel in verschiedenen Sprachen zu beschreiben und zu pflegen. Dies muss vom IT-System unterstützt werden. Auch sind Newsletter auf das jeweilige Land auszurichten und für den Kundenservice Hotline Mitarbeiter zu engagieren, die sich in der jeweiligen Sprache perfekt ausdrücken können. Bei dress-for-less wird der wöchentliche Newsletter aktuell in mehr als 10 unterschiedlichen Versionen verschickt.
Zentraler Artikelstamm, regionale Auszüge
Die Software muss in der Lage sein, aus einem zentralen Artikelstamm heraus, für einzelne Shops oder Länder ggf. nur ein begrenztes Artikelsortiment abzubilden. Hierbei geht es zum einen um die Aufnahme der Artikel und deren Varianten in das landesspezifische Sortiment zum anderen aber auch um die jeweiligen Unterschiede bei Angebotspreisen oder Mehrwertsteuersätzen.
Es muss immer sichergestellt werden, dass in allen Shops die Artikelverfügbarkeit korrekt angezeigt wird.
Preissuchmaschinen wollen die lokale Währung
Die zentrale IT-Plattform muss in der Lage sein, verschiedene Währungen abzubilden. In der Regel steigt die Conversion Rate mit dem Angebot der lokalen Währung. Um eine bessere Akzeptanz beim Endkunden zu erzielen, werden bei dress-for-less in den wesentlichen Zielländern die lokalen Währungen (aktuell 12 verschiedene Währungen) angeboten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch die Aufnahme in Preis-Suchmaschinen deutlich einfacher wird, sobald die Ware in lokaler Währung angeboten wird.
Bei der Preisberechnung sollte mit automatischen Rundungen auf so genannte Eckpreislagen gearbeitet werden, welche sich aber von Land zu Land unterscheiden können.Natürlich muss der eingesetzte Payment Provider die Zahlungsabwicklung der angebotenen Währungen unterstützen.
Von Lieferschwellen und MwSt-Kompensation
Beim Versand in andere EU Ländern gilt, dass bei Überschreitung der jeweiligen Schwellenwerte der Länder (z.B. in Irland ab einem netto Warenumsatz von 35.000,- € p.a.) die Mehrwertsteuer für den B2C Umsatz in dem belieferten Land abgeführt werden muss. Softwareseitig muss sichergestellt werden, dass die Bestellungen aus dem jeweiligen Land nach MwSt. differenziert werden können. Weiterhin sind durch diese gesetzlichen Vorgaben z.T. Preisanpassungen erforderlich, um die höheren Abgaben zu kompensieren. dress-for-less nutzt hier ein automatisches Kalkulationsmodul, dass die Preise in den jeweiligen Mandanten - ebenso wie bei den Fremdwährungen - in Eckpreislagen darstellt.
Gemeinsame und gemischte Kommissionierung nötig
In der Logistik müssen aus Optimierungsgründen die Sendungen in die jeweiligen Länder gemeinsam und gemischt kommissioniert werden können. Hierbei sind jeweils spezifische Rechnungsformulare, Sortierungen, Barcodes und spezielle Einlieferpapiere für unterschiedliche Versender zu berücksichtigen.
Eine besondere Herausforderung ist im internationalen Versandgeschäft die Retourenlogistik. dress-for-less arbeitet je nach Auftragsvolumen des jeweiligen Landes mit lokalen Retourenanschriften. Der positive Aspekt der lokalen Retourenadressen ist die Erhöhung der Conversion Rate. Es ist dadurch allerdings auch mit erhöhten Retourenquoten zu rechnen.
IT muss Intrastat-Regelungen berücksichtigen
Neben den bereits beschriebenen EU-Lieferschwellen gibt es pro Land weitere rechtliche Rahmenbedingungen wie z.B. spezielle Fibu-Anforderungen oder Intrastat-Besonderheiten, die von der IT-Lösung berücksichtigt werden müssen. Hierbei muss im Einzelfall entschieden werden, ob eine eigene Instanz für das jeweilige Land aufgesetzt wird und der Datenaustausch über Intercompany Buchungen erfolgt oder ob es ausreichend ist, einen zentralen Zugriff über mehrere Mandanten abzubilden. Bei dress-for-less werden alle Länder über einen zentralen Mandanten abgewickelt. Laut Holger Hengstler, Geschäftsführer von dress-for-less ist die zentrale IT-Plattform elementarer Bestandteil der Wachstums- und Internationalisierungsstrategie von dress-for-less. Ohne diese Plattform hätten die Expansionsziele nicht so ehrgeizig formuliert und erreicht werden können.Seit Mitte 2004 setzt dress-for-less die Software DiVA von MAC Deutschland ein. Die zentrale Anwendung läuft in deutscher Sprache, wobei DiVA sie auch in englisch und holländisch zur Verfügung stellen kann. Relevante Masken können die Mitarbeiter in der jeweiligen Landessprache nutzen. Da die Software auf Navision-Basis arbeitet, sind Währungsvarianten fast unbegrenzt möglich.