Geplante EU-Richtlinie soll Händler zum Angebot in allen 27 Ländern zwingen von Rechtsanwalt Rolf Becker WIENKE & BECKER - KÖLN, mail@rolfbecker.de

04.03.2011 Eine Änderung der geplanten EU-Richtlinie (Verbrauchervertragsrichtlinie) will Händler zwingen, ihre Waren in allen 27 Ländern anzubieten.

Eine Änderung der geplanten EU-Richtlinie (Verbrauchervertragsrichtlinie) will Händler zwingen, ihre Waren in allen 27 Ländern anzubieten. Das wird dann besonders spannend, da die zuvor damit verbundene Initiative, das Fernabsatzrecht in der EU zu vereinheitlichen (Vollharmonisierung) wohl als gescheitert betrachtet werden muss, was nicht zuletzt auf den Widerstand Deutschlands zurückzuführen ist, welches ungern den hohen Verbraucherschutzstandard im Lande einer Vereinheitlichung preisgeben will. Am Ende sollen bestimmte Schutznormen doch wieder von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt werden können. Der Autor hat diesen Umstand bereits im November 2010 in einem Interview gegenüber FTD als "regelrechten GAU" bezeichnet.
Händler in der AGB-Falle
Der Dumme ist jetzt am Ende nicht (nur) der Verbraucher, sondern der Händler, der wegen Petitessen in kaum absehbare rechtliche Risiken hineinstolpert. Beide Seiten werden durch die Unklarheiten der Rechtslage behindert. Schon heute ist es nach der Rechtsprechung des EuGH schnell der Fall, dass sich eine Webseite auch in das Ausland richtet und dann das dortige Verbraucherrecht berücksichtigen muss. Selbst wenn man das Widerrufsrecht einigermaßen vereinheitlicht, haben wir in der EU Gewährleistungsfristen von 2 Jahren bis 10 Jahren (Finnland). Da ist der Händler schnell in der AGB-Falle. Ausländische Organisationen können z.B. über die Wettbewerbszentrale durch Abmahnung relativ leicht Rechtsverletzungen verfolgen.
Diskriminierung schon heute verboten
Bereits jetzt ist auf den Seiten der EU zu lesen, dass ein Online-Shop mit Sitz in der EU, der sich weigere, Waren an Kunden in einem anderen EU-Land zu verkaufen, rechtswidrig handele.
Hier geht es aber "nur" um Diskriminierung. Als Händler ist man (noch) nicht verpflichtet, seine Waren zur Lieferung in jedes EU-Land anzubieten. Allerdings darf man den Vertragsschluss mit einem EU-Ausländer, der z.B. für eine Lieferung nach Deutschland bestellen möchte, nicht ohne weiteres ausschließen.
Verbrauchervertragsrichtlinie geht weiter
Die Änderung der Richtlinie soll da viel weiter gehen. Der Vorschlag kommt vom Binnenmarktausschuss und steht jetzt in dem Entwurf der Verbrauchervertragsrichtlinie (Art. 22 a), über den das Europäische Parlament demnächst abstimmen soll:
Article 22a
Right to delivery of goods to or supply of services in another Member State
In the case of a distance contract, the consumer shall be entitled to require the trader to supply the goods to or deliver the service in another Member State. The trader shall meet the consumer's request if this is technically feasible and if the consumer agrees to bear all the related costs. The trader shall in any event state those costs in advance.
Nur scheinbar räumt die Einschränkung auf die technische Realisierbarkeit dem Händler die Möglichkeit ein, der Pflicht zu entgehen. Technisch realisierbar dürften heute im Großteil des Warenversandes die meisten Angebote auch in das EU-Ausland versendet werden können. Allein über die Preisschraube hat der Händler noch Möglichkeiten. Allerdings muss er für diese Fälle, in denen der Verbraucher bereit ist, die Kosten zu übernehmen, auch die korrekten rechtlichen Regelungen vorhalten.
Bei einem EU-weiten Widerrufsrecht, welches dem Händler in jedem Fall die Hinsendekosten auferlegt, würde es zudem auch ansonsten eine teure Verpflichtung werden. Gerade erst merkt der Handel auf und er dürfte nicht schlecht beraten sein, den EU-Politikern zu verdeutlichen, dass ein solcher Zwangsweg zu weit geht.
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