Onlinehändler beklagen Logistikprobleme

17.04.2020 Der Onlinehandel boomt und bringt offenbar Paketdienstleister an ihre Kapazitätsgrenzen. Händler berichten von stornierten Sonder-Abholfahrten und befürchten Lieferengpässe. Paketriese DHL wehrt sich gegen die Kritik.

 (Bild: Falco/ Pixabay/ CC0)
Bild: Falco/ Pixabay/ CC0
"Es haben uns verschiedene Händler extrem irritiert angerufen, weil Paket-Logistiker wie DHL die zusätzlichen Abhol-Fahrten beim Händler ersatzlos storniert haben", berichtet Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel (BVOH)   . Er kritisiert: "Hätten die Paketdienstleister rechtzeitig auf den Engpass hingewiesen, hätten die Händler den Verkauf drosseln können. Jetzt stehen die gepackten Pakete beim Händler und werden nicht ausgeliefert."

Die Einschränkungen hätten zur Folge, dass bestellte Waren nicht beim Verkäufer abgeholt und in die Verteilzentren gebracht werden. Somit verzögere sich die Auslieferung an den Käufer um mehrere Tage. Der BVOH zitiert aus E-Mails, die der Paketdienstleister am Mittwoch an Händler in ganz Deutschland verschickt habe. Darin heißt es unter anderem:

"Leider müssen wir Ihnen heute aber mitteilen, dass wir trotz erheblicher Kapazitätssteigerungen nun für den morgigen Tag zu einer drastischen Maßnahme greifen müssen, um sicherzustellen, dass wir unseren Betrieb im Paketzentrum Feucht nicht längerfristig gefährden. Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir morgen keine Abholung Ihrer Pakete durchführen werden, um die gewonnene Zeit und Kapazität für eine dauerhafte Stabilisierung unserer Produktion zu nutzen."

"Die Sonderfahrt zu Ihrer Logistik, die für heute bestellt wurde, wurde abgelehnt. Des Weiteren hat Ihre bestellte Sonderfahrt nur die Hälfte an Rollcontainern mitnehmen können, da im Moment keine Kapazität in den einzelnen Paketzentren mehr vorhanden ist. Ihre Sonderfahrt für den Rest der Woche wurde aus denselben Gründen storniert."

Der Verband kritisiert die Maßnahmen und wirft der DHL "Fehlplanung" vor. "Die KMUs im Onlinehandel mussten auch extreme Anpassungen vornehmen, um den Bedarf für den Verbraucher zu decken. Es gibt keine Ausreden wegen mangelnden Kapazitäten bei Transport oder Personal.", sagt Oliver Prothmann.

DHL: "Kritik nicht nachvollziehbar"

Paketdienstleister DHL   wehrt sich gegen diese Kritik und weist darauf hin, dass lediglich Sonder-Abholfahrten, also zusätzliche Fahrten, wegen des "sehr hohen Sendeaufkommens" nicht gewährleistet werden könnten. Auf Anfrage von iBusiness äußert sich der Konzern dazu in einer Stellungnahme. "Nicht nachvollziehbar ist daher auch die Kritik (...), wir wären nach vier Wochen nicht in der Lage, unsere Kapazitäten anzupassen, was schlichtweg die Fakten ignoriert. Zum einen sehen wir erst seit ca. drei Wochen einen spürbaren Anstieg der Paketmengen. Zum anderen reden wir mittlerweile über mehr als acht Millionen Sendungen pro Tag (sonst im Jahresdurchschnitt rund 5,2 Mio. pro Tag). Dies ist ein Aufkommen wie in der Vorweihnachtszeit. Allerdings war es in dieser Form nicht vorhersehbar und wir hatten deutlich weniger Zeit, die sonst üblichen, umfassenden Vorbereitungen zu treffen."

DHL habe in den vergangenen zwei Wochen eine Zusatzkapazität geschaffen, die der Gesamtkapazität des nächst größten Wettbewerbers entspreche. Auch werde ein Teil des Transports von sehr großen Paketen in Bereiche des Konzerns verlagert, wo anderes Geschäft weggebrochen ist. "Was uns jedoch aktuell vor Herausforderungen stellt, ist die Volatilität der lokalen Entwicklungen von Mengen und Sendungsstruktur, was dazu führt, dass es bei einzelnen Kunden oder in einzelnen Regionen zu Einschränkungen, wie etwa einer reduzierten Zahl von Sonderfahrten, und Verzögerungen kommen kann", heißt es weiter. "Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Kapazität mit der Nachfrage zu synchronisieren und stehen mit unseren Geschäftskunden dazu in einem sehr engen Austausch bzw. treffen individuelle Verabredungen. Zudem informieren wir die Privatkunden über unsere bestehenden Informationskanäle (Website, Filialen, Paketankündigung, etc.).

Der BVOH weist darauf hin, dass es zwar ein erhöhtes Paketvolumen gibt, allerdings bei Auslieferung an die Verbraucher auch Entlastungen. So sei die Quote der Erstzustellung stark angestiegen, zudem lasse der geringere Verkehr in den Städten eine schnellere Lieferung zu. Auch seien die Auslastungen der Verteilzentren durch den Wegfall von großen Mengen an B2B-Warensendungen reduziert worden.
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