From Bricks to Clicks - Neckermanns Wandel vom Katalogversender zum erfolgreichen E-Commerce-Händler Von Fritze von Berswordt*

26.02.2011 Der Versandhandelsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren fundamental gewandelt. Lag der Anteil der Online-Umsätze im Jahr 2006 noch bei etwa 39 Prozent, waren es 2009 bereits rund 57 Prozent. (Quelle: bvh)

Der Versandhandelsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren fundamental gewandelt. Lag der Anteil der Online-Umsätze im Jahr 2006 noch bei etwa 39 Prozent, waren es 2009 bereits rund 57 Prozent. (Quelle: bvh) Der ursprünglich kaum zugängliche Kreis der Katalogversender wurde durch die Markteintritte von reinen Internet-Händlern, von Herstellerversendern und von Unternehmen, die ihre Wurzeln im stationären Handel haben, aufgebrochen. Viele der vormaligen Platzhirsche in Deutschland gerieten auch deshalb stark unter Druck, weil sie die neuen Herausforderungen praktisch ausschließlich in den Vertriebsorganisationen lösen wollten. Der Rest der Wertschöpfungskette blieb dagegen weitestgehend unverändert.
Dass es auch anders geht, beweist die Transformation des Traditionsunternehmens Neckermann hin zum erfolgreichen E-Commerce-Händler. neckermann.de verfolgt seit Mitte 2009 eine klare Online-Strategie, die konsequent entlang der gesamten Wertschöpfungskette umgesetzt wird. Dieser Ansatz trägt nun Früchte: Angetrieben durch die Erfolge im Online-Geschäft wächst das gesamte Unternehmen schneller als der Markt. Die SMP AG hat neckermann.de bei dieser erfolgreichen Transformation maßgeblich beratend begleitet.
Trotz Namensänderung im Jahr 2005 war neckermann.de Anfang 2009 in seinem Kern ein auf den reinen Kataloghandel ausgerichtetes Unternehmen. Von der Planung über die Sortimentsgestaltung und die Beschaffung waren alle Prozesse, Systeme und Mitarbeiter auf die Bedürfnisse des schon damals rückläufigen Kataloggeschäfts ausgerichtet. Obwohl 2009 bereits rund 60 Prozent des Gesamtumsatzes online erwirtschaftet wurden, entfielen auf diesen Bereich geringe Anteile des Marketingbudgets. Zwar existierte eine E-Commerce-Abteilung, doch agierte diese häufig kaum abgestimmt mit dem restlichen Unternehmen. Damit ging das starke Online-Marktwachstum weitgehend an neckermann.de vorbei: Das Unternehmen verlor kontinuierlich Marktanteile im Internet.
SMPs Lösungsansatz zielte auf drei zentrale Aspekte für den zukünftigen Erfolg:
  1. Der Wertbeitrag von Produktmanagement und Einkauf sollte durch die konsequente Modernisierung und Neuausrichtung der Bereiche auf die Bedürfnisse des E-Commerce gesteigert werden.
  2. Eine inhaltlich veränderte und flexiblere internetorientierte Angebotsplanung sollte die katalogzentrierten Sortiments- und Mengenplanung ablösen.
  3. Einkauf und Vertriebskanal E-Commerce sollten zu einer tiefgreifenden Zusammenarbeit geführt werden.
Ziel dieser Veränderungen war der Wandel hin zu einem kundenorientierten, internetzentrierten Unternehmen, in dem Kataloge primär als stützendes Werbemittel für Online-Käufer verstanden und eingesetzt werden.
Die Reorganisation wurde in zwei Phasen durchgeführt. Die erste, als Pilot angelegte Phase konzentrierte sich über zwölf Wochen auf einige wenige Einkaufsbereiche, die etwa 40 Prozent des Umsatzvolumens verantworteten. Primäres Ziel war die Konzeption und Prüfung der Zielorganisation, der Planungssystematik, der Kooperationsmodelle, der Prozesse und der unterstützenden IT-Systeme in einem klar abgegrenzten und deshalb weitgehend risikofreien Umfeld.
Vier erfahrene Retail- und E-Commerce-Berater des SMP-Teams begleiteten die neckermann.de-Mitarbeiter als Coaches, vermittelten Planungs-und Strategie-Know-How, moderierten zwischen den Bereichen und entwarfen Prozesse sowie IT-Systeme zur Stützung der neuen Wertschöpfung. Der Bereich E-Commerce wurde eng in parallel laufenden Qualifizierungsmaßnahmen einbezogen. Gleichzeitig wurde ein Steuerungscockpit entworfen und umgesetzt, das für alle Ebenen des Unternehmens die wesentlichen Kennzahlen zur Verfügung stellt. Wussten zu Beginn des Projektes viele der Einkäufer nicht, was ein "Visit" oder eine "Conversion Rate" ist, waren alle Teilnehmer am Ende in der Lage, auf der Grundlage von artikelbasierten, tagesaktuellen Leistungsindikatoren (KPI) die richtigen Entscheidungen für das Angebot zu treffen. Preiskorrekturen, Content-Optimierungen, Reaktion auf Lagerstände, Dispositionsplanung entlang von präzisen Bedarfsprognosen: Das und mehr gehörte nun zum Repertoire der vormals katalogorientierten Einkäufer und Produktmanager.
Der Erfolg war beeindruckend: Die Online-Umsätze der Pilotteams stiegen ab der sechsten Projektwoche rapide an - und lagen bald bis zu 60 Prozent über den entsprechenden Vorjahreswerten. Die Umsätze vom unternehmensinternen Vergleichsgruppen blieben praktisch unverändert beziehungsweise schrumpften sogar.
Die in dieser Phase beteiligten Mitarbeiter konnten in der folgenden Rollout-Phase Coach- und Botschafter-Funktionen für andere Einkaufsbereiche übernehmen.
Am Ende des Gesamtrollouts stand der beeindruckende Erfolg des Unternehmens: Ein kultureller Neustart und ein begonnener Turnaround, beides getrieben durch ein Online- und Gesamtwachstum, das den restlichen Markt deutlich hinter sich zurück gelassen hatte.
* Fritze von Berswordt ist Partner bei SMP AG, wo er Praxisgruppen Handel und E-Commerce leitet.
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 (Michael Sahlender)
Bild: Michael Sahlender
Michael Sahlender (Mirakl)

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