ECommerce-Zahlen, Razzien und Keksdosen - Executive Commerce Briefing vom 13.10.2023

13.10.2023 Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Über ECommerce-Zahlen, Razzien und Keksdosen.

ECommerce-Zahlen

Wie erregt die ECommerce-Branche manchmal agiert, lässt sich diese Woche gleich an manchen Stellen begutachten. Die aktuellen Quartalsauswertung des BEVH sieht Deutschlands ECommerce-Umsätze im freien Fall   , wie meine Kollegin Susan Rönisch in Ihrer Analyse schreibt. Die bis Ende September aufgelaufenen Umsätze (Q1 bis Q3) liegen 13,7 Prozent unter dem Vergleichswert von 2022.

Der Onlinehandel schrumpfte demnach in allen fünf großen Warenclustern. Die stärksten Rückgänge verzeichneten die Cluster Unterhaltung (- 18,9) und Bekleidung (- 17,5 Prozent). Deutlich gefallen sind auch die Umsätze mit Waren des täglichen Bedarfs (FMCG). Die Umsätze lagen hier 10,2 Prozent niedriger als im Vorjahresquartal. Deutlich zweistellig waren etwa die Rückgänge bei Drogerieartikeln (- 15,7 Prozent) und Lebensmitteln (-13,2 Prozent). "Es gibt im Markt so gut wie keine Signale, die auf eine Verbesserung der Lage hinweisen", klagt der stellvertretender BEVH-Hauptgeschäftsführer Martin Groß-Albenhausen.

Dass es für Handelstreibende in einer Rezession schwierig ist, weil die Menschen weniger ausgeben - das ist eigentlich keine neue Erkenntnis. Wohl aber eine neue Erkenntnis für viele im E-Commerce. Denn früher war alles viel besser: Da wuchs der E-Commerce zweistellig. Onlineshops, die es ein bisschen schlauer angestellt haben als die anderen (oder die eine brandneue freie grüne Wiese gefunden hatten) - die wuchsen dreistellig. Und sollte einmal eine Wirtschaftskrise durchs Land ziehen oder eine Geschäftsentscheidung bei den Onlineshops eher durchwachsen gut gewesen sein: Dann nahm der Präsenzhandel einfach wieder mal ein bisschen etwas weg, wuchs eben nur einstellig und beklagte die Welt.

Mittlerweile ist jede noch so kleine grüne Wiese mit einem (oder, zumeist: vielen) digitalen Einkaufszentren bebaut. Der böse Präsenzhandel tut das, was mancher besonders hippe ECommerce-Berater immer schon in Abrede gestellt hatte, dass er das kann: Er baut ein Online-Geschäftsmodell auf, zumeist ohne sein Präsenz-Modell einzustampfen. Die Folge: Alle Handelsmärkte sind durch die Bank weg kanalübergreifend organisiert. Zusatzgewinne durch Kanalvorteile existieren kaum noch. Nur im Plattformgeschäft scheint noch ein wenig Luft nach oben zu existieren.

Was wiederum bedeutet, dass die normalen Krisenzyklen, durch die der Handel seit Jahrhunderten läuft, inzwischen fast ungebremst auch auf den Onlinehandel durchschlagen. Wo eben keine Sonderkonjunkturen in Form von Digitalisierungsrenditen mehr existieren, da hängt der wirtschaftliche Erfolg ab vom eigenen Geschäftsgeschick sowie den Besonderheiten im Auf und Ab der einzelnen Warengruppen, Moden und gesellschaftlichen Entwicklungen. Und da sind die Kleinen eben in der Regel wendiger als die Dickschiffe. Weswegen die kleinen Onlineshops im Schnitt mit der Krise besser umgehen als die großen Dickschiffe, wie wir vor kurzem analysiert haben   .

Logistik-Razzia

. Erregt gab sich diese Woche auch die KEP-Lobby. Der Zoll hat nämlich mit mehreren tausend BeamtInnen Razzien in Paketbranche   durchgeführt und 60 Strafverfahren eingeleitet: In fast 2000 Fällen ergaben sich den Angaben zufolge Hinweise für weitere Prüfungen. Es ist, was in der ECommerce-Branche niemand wundert: Es geht um nicht gezahlte Mindestlöhne, fehlende Papiere, illegale Beschäftigungsverhältnisse. Der BIEK spricht in seiner Pressemitteilung   von "mehrheitlich kleineren Ordnungswidrigkeiten" und dass es sich nur um "0,63 Prozent der Befragten" gehandelt habe. Was man halt als Lobbyverband so sagt, wenn Mitglieder mit den Fingern in der Keksdose erwischt werden.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine spannende Lektüre.
Ihr Joachim Graf
Herausgeber Versandhausberater

PS: Was sonst noch wichtig war haben wir Ihnen online zusammengesellt. Ach ja, eines noch: Wenn Ihre Mitarbeitenden mit der Textproduktion per Künstlicher Intelligenz experimentieren, sollten Sie die Studie des MIT lesen, wie Menschen von KI erstellte Inhalte wahrnehmen   . Kernergebnis: Menschengemachtes wird bevorzugt, eine Abneigung gegen Algorithmen gibt es nicht. Wurde den Befragten nicht mitgeteilt, wie die Inhalte erstellt wurden, bevorzugten sie sogar KI-generierte Inhalte.
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